Running

Randensaft – Das natürliche Doping

Ernährung

Wettkampf-Leistungssteigerung

Nicht besser, aber länger. Immer mehr Sportlerinnen und Sportler konsumieren Randensaft (Rote-Beete-Saft) zur Wettkampf-Leistungssteigerung während der Tapering-Phase. Der hohe Nitratgehalt der Rüben verringert den Sauerstoffbedarf der Muskeln, dadurch ist die Belastung weniger ermüdend.

Wundermittel zur Verbesserung der Leistung spriessen wie Pilze aus dem Boden. Sie verleihen Flügel, erhöhen die Fettverbrennung und lassen uns stärker werden. So zumindest die Versprechungen, die manchmal seitens Lebensmittelgesetze gar unzulässig wären. Auch Randen werden jüngst mit einer Leistungssteigerung im Sport in Zusammenhang gebracht. Lange waren sie aber kein Wundermittel.

Randen waren bis vor Kurzem aufgrund ihres Nitratgehalts auf dem Radar der Gesundheitsbehörden. Just dieses Nitrat soll nun dazu führen, dass Muskeln mit weniger Luft auskommen und dadurch effizienter werden.

Randen (Rote Bete) auf der Erde

Allgemein

Nitrat ist eine wichtige Stickstoffverbindung, die in der Natur vorkommt, in der Landwirtschaft als Stickstoffdünger oder auch als Lebensmittelzusatzstoff eingesetzt wird. Nitrat wird natürlicherweise in Pflanzen und Tieren (im menschlichen Körper ca. 50-100 mg pro Tag) gebildet. Die bedeutendsten Nitratquellen für den Menschen sind Gemüse, Trinkwasser und Pökelsalz in Fleischwaren, wobei Gemüse meist weit über 50% der Nitrataufnahme ausmacht.

Die durchschnittliche Nitrataufnahme hängt entsprechend stark von Art und Menge des Gemüsekonsums ab und kann von deutlich unter 100 mg pro Tag bis zu 400 mg pro Tag betragen. In der Schweiz enthält Trinkwasser je nach Kanton ca. 2 bis maximal 40 mg Nitrat pro Liter.

Nitratgehalt einzelner Lebensmittel

Randen gehört zu den Gemüsen, die natürlicherweise einen hohen Nitratgehalt aufweisen (im Mittel ca. 1300 mg pro kg). Daher wurde Randensaft in vielen Studien als natürliche Nitratquelle eingesetzt.

 

NitratgehaltLebensmittelAnteil
Sehr hochRucola, Spinat, Rhabarber, Amaranth>2500 mg/kg
hochRanden & Randensaft, Rettich, Sellerie, Endivie, Nüsslisalat, Kopfsalat~1000 bis 2500 mg/kg
mittelKohlrabi, Kürbis, Eisbergsalat, verschiedene Bohnen~500 bis 1000 mg/kg
tiefBroccoli, Kabis, Zucchini, Aubergine, Karotte~200 bis 500 mg/kg
sehr tiefKartoffel, Champignon, grüne Erbsen, Tomate, Rosenkohl, Früchte allgemein~1 bis 200 mg/kg

 

Die nachfolgend beschriebene Wirkung des Randensafts beruht auf dem darin enthaltenen Nitrat und kann auch durch reines Nitrat erzielt werden.

Randensaft (Rote Bete)

Wirkung auf die sportliche Leistungsfähigkeit

Bezüglich sportlicher Leistung wurden in bisherigen Studien folgende mögliche Effekte nachgewiesen.

  • Reduzierter Sauerstoffverbrauch bei submaximalen Leistungen.
  • Längere Aufrechterhaltung submaximaler Leistungen.
  • Erhöhte Endleistung bei Stufentests (z.B. VO2max-Test), wobei das VO2max unverändert bleibt oder reduziert ist.
  • Verbesserte Leistung bei Ausdauer- oder Intervallbelastungen von ca. 6 bis 30 min Dauer.
  • Tendenziell erhöhte Kohlenhydrat- und reduzierte Fettverbrennung.
  • Blutdrucksenkung von bis zu 5 mmHg (systolisch).

Die genauen Wirkmechanismen bzw. deren mögliches Zusammenspiel sind bisher nicht ganz klar. Die Wirkmechanismen von Nitrit und oder NO werden noch diskutiert diskutiert. Reduktion des Energieverbrauchs (ATP-Verbrauch) der Muskelkontraktion (Aktin-Myosin- Kopplung). Erhöhung der Effizienz der Mitochondrien, bzw. erhöhte ATP-Bildung pro Sauerstoffeinheit. Hemmung der Atmungskette (Energiebereitstellung) in den Mitochondrien (Kraftwerke der Zellen). Nitrit dient in den Mitochondrien als alternativer Elektronenakzeptor zu O2.

Randen (Rote Bete) auf einem Tisch

Anwendung und Dossierung

Nitrat wurde bisher v.a. für kurze hochintensive Belastungen von ca. 5 bis 30 min untersucht. Die bisherigen Studien haben verschiedene Einnahmeprotokolle verwendet, wobei ca. 300 bis 500 mg Nitrat eingesetzt wurden (oder ca. 0.1 mmol/kg Körpergewicht = 6 mg/kg Körpergewicht). Meistens in Form von ca. 5 dl Randensaft (Beispiel Biotta) oder ca. 60-140 ml Randensaftkonzentrat/Shot (Beispiele Sponser, fitrabbit):

  • Wettkampf über maximal 14 Tage täglich 5 dl Randensaft während der Tapering-Phase und akute Einnahme 5 dl Randensaft 2,5 bis 3 Stunden vor dem Wettkampf.
  • Leistungstests über 3 bis 6 Tage vor dem Leistungstest und eine akute Dosis vor dem Leistungstest.
  • Nitrat wurde bisher bis maximal 15 Tage supplementiert. Längere Einnahmen sind nicht untersucht.

Mindestens an Tagen, an denen Nitrat oder Randensaft eingesetzt wird, sollte auf die Einnahme von antimikrobiellen Mundspülungen verzichtet werden. Bisher ist aber unklar wie lange nach einer solchen Spülung die für die Nitratumwandlung wichtigen Mundbakterien reduziert sind.
Ein wesentliches Problem in der Praxis ist zudem, dass der Nitratgehalt aller Gemüsearten und damit auch Gemüsesäfte natürlicherweise stark schwankt und daher schlecht dosierbar ist. In den wissenschaftlichen Studien wurde der Nitratgehalt der Säfte daher jeweils vorgängig analysiert.

Randensaft (Rote Bete) mit Orange

Mögliche Nebenwirkungen

Der Gebrauch von natürlichen Nitratquellen wie Randensaft weist kaum Risiken auf und führt zu einer langsamen und kontrollierten Nitrit-Freisetzung. Vor der Einnahme von reinen Nitrat- und vor allem von Nitrit-Salzen oder organischen Nitriten (z.B. Amylnitrit) ausserhalb strenger medizinischer Kontrolle ist aber unbedingt abzuraten.

  • Urin und Stuhl können sich nach der Einnahme von Randensaft färben. Dies ist jedoch normal und kein Problem.
  • Eine unabsichtliche Überdosierung kann zu lebensgefährlicher Methämoglobinämie oder Kreislaufkollaps führen.
  • Unverträglichkeitsprobleme im Magen-Darm-Trakt sind möglich.

Studien

Nicht alle Studien konnten eine Leistungssteigerung nachweisen. Es scheint, dass Nitrat insbesondere bei längeren Ausdauerbelastungen (>30 min) keine leistungssteigernden Effekte mehr aufweist. Neue Studien mit Eliteathleten (VO2max ab 70 ml/kg/min) konnten keine Effekte von Nitrat feststellen, weder ein reduzierter Sauerstoffverbrauch bei submaximalen Belastungen noch eine Leistungsverbesserung. Einige Studien haben die Einnahme nitratreicher Lebensmittel über mehrere Tage eingeschränkt, damit der Supplementierungseffekt klarer erscheint. Erst wenige Studien haben Nitrat bzw. Randensaft bei einer normalen Ernährung eingesetzt. Es scheint, dass die Effekte dabei geringer ausfallen – aber immer noch bestehen. Leider wurde bisher nie untersucht, was der übliche Nitratkonsum der Studienteilnehmer war. Der durchschnittliche Nitratkonsum in der Schweiz und Europa liegt zwar nur etwa bei 1/3 der üblichen Supplementierungsmenge. Ein hoher Gemüsekonsum, v.a. nitratreicher Gemüse, kann jedoch zu Nitratmengen führen, die der Supplementierungsmenge entspricht. Ob eine Supplementierung dann immer noch einen Effekt hat, kann bisher nicht beantwortet werden. Unklar ist noch, wie lange die Wirkung von Nitrat genau anhält.

Randen (Rote Bete) geschnitten

Fazit

  • Eine mögliche Leistungsverbesserung soll als Beigabe und nicht als Hauptzweck betrachtet werden.
  • Die Dosierung von einem halben Liter Randensaft während 14 Tagen täglich und 2–3 Stunden vor einem Wettkampf ist am vielversprechendsten.
  • Die Wirkung und Verträglichkeit unbedingt zuerst im Training ausprobieren, bevor man damit den Wettkampf optimieren will.

Quellen: Antidoping Schweiz, FIT for LIFE Magazin, Running Coach

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